Weiterbildungsreisen und sture Kürzungsideologie

Die erste Stunde der Sitzung beschäftigte sich der Gemeinderat mit sich selber. Konkret ging es um einen SVP-Beschlussantrag. Nachdem letzte Woche nach viermonatigen Gezerre ein Budget für die Stadt Zürich verabschiedet worden ist, das die bürgerliche Kürzungsallianz hauchdünn gegen die unterlegene linke Ratsseite durchgedrückt hatte, ging es heute darum, dass die SVP forderte, dass Kommissionsreisen künftig von den teilnehmenden ParlamentarierInnen aus dem eigenen Sack bezahlt werden sollte. Die SP-Fraktion war sich grossmehrheitlich einig, dass dieser Antrag vehement abzulehnen sei.

Es stimmt, wir haben den Kampf um ein Budget, dass den Angestellten ihre verheissenen Lohnmassnahmen, Reka-Checks und Lunch-Checks zubilligt, verloren. 
Darum aber die eigene politische, parlamentarische Arbeit dadurch abzuwerten, dass unsere Weiterbildungsreisen der Spezialkommissionen zu bestimmten Sachfragen bzw. –geschäften neu selber zu berappen seien, das ist ein weiterer Humbugvorstoss der ewigstänkernden Oppositionspartei, der vor populistischer Anmache nur so strotzt und de facto nur will, dass keine solche Weiterbildungsreisen zu anstehenden Sachgeschäften mehr stattfinden.

Böswillig könnte man der SVP unterstellen, dass sie dadurch zu verhindern versuche, dass ParlamentarierInnen und Exekutivmitglieder gemeinsam gangbare Wege für anstehende Probleme finden.
Meine Fraktionskollegin Jacqueline Badran hat dem Rat vorgerechnet, wieviel ihr Stundenlohn für Gemeinderatsarbeit im engen Sinne beträgt. Nicht einmal 7 CHF beträgt er. Da sollte es wohl drinliegen, dass wir im höchsten Falle alle zwei Jahre eine Weiterbildungsreise von höchstens vier Tagen im Wert von höchstens 1‘600 CHF pro Person unternehmen. Diese Reisen dauern normalerweise von Donnerstag bis längstens Sonntagabend. Die verpasste Arbeitszeit muss natürlich individuell irgendwann kompensiert werden.

Was sich während der Debatte im Rat zeigte war, dass sich diejenigen Parteien, die sich bis letzten Mittwoch Treue versprochen haben in Bezug auf das Budget nun offensichtlich wieder beginnen, den eigenen geistigen Spielraum zu nutzen. So hatte die FDP-Fraktion die Idee, dass doch einfach nur die Hälfte aller Reisekosen zulasten der ParlamentarierInnen gehen sollte, und die EVP meinte, dass nur dieses und nächstes Jahr die Reisen selber bezahlt werden sollten. Zum Glück war Mauro Tuena stur genug, um am Originalvorstoss seiner Partei festzuhalten. Dadurch verbaute er sich die Chance, wenigstens den Spatz in die Hand, wenn auch nicht die Taube auf dem Dach zu kriegen. So aber wurde das SVP-Ansinnen mit 91 zu 26 Stimmen abgelehnt, einige Wenige enthielten sich der Stimme.

Ich persönlich finde bei diesem Entscheid am wichtigsten, dass es sich auch weiterhin Personen mit dünnem finanziellem Polster leisten können, aktiv am politischen Geschehen mit einem Gemeinderatsmandat partizipieren können. Wo kämen wir hin, wenn es sich nur noch Gutbetuchte leisten könnten, ihre Zeit in ein politisches Amt zu investieren?